Die Zwei - Griechenlands Triumph 2004: Das Werk eines Duos 11FREUNDE

Publish date: 2024-11-16

Einen Wim­pern­schlag nachdem der Koloss von Rhodos in der Luft ste­hend den Ball ins Netz gewuchtet hat, hebt auch Ioannis Topa­lidis ab. Der Co-Trainer fliegt regel­recht über den Rasen des Dra­chen­sta­dions von Porto. Jan Koller lehnt reglos am Pfosten, andere tsche­chi­sche Spieler liegen wie tot auf dem Rasen. Topa­lidis hat seinen Körper unterdes längst mit Glücks­hor­monen geflutet. Einige Spieler schauen ihn besorgt an. Ich muss aus­ge­sehen haben wie kurz vor dem Herz­in­farkt“, sagt Topa­lidis.

Dabei stand Grie­chen­land da erst im Finale dieser unfass­li­chen EM. Aber man weiß ja gar nicht, wo man anfangen soll bei diesem mär­chen­haften Sommer der Grie­chen. Auch Topa­lidis nicht: Alle Top-Favo­riten: Spa­nien, Frank­reich, Tsche­chien, Por­tugal sogar zwei Mal! Alle haben wir aus­ge­schaltet.“ Der grie­chi­sche Tur­nier­ver­lauf klingt immer noch mehr wie der viel zu schöne Traum einer noto­risch groß­manns­süch­tigen Nation. Und doch ist alles genau so pas­siert.

Und Ioannis Topa­lidis saß zur Rechten Ottos. Reh­hagel und Topa­lidis, der 65 Jahre alte Essener und der 41-jäh­rige Deutsch-Grieche, waren das Zwei-Mann-Team an der Spitze der Sen­sa­tion. Wir haben alles zu zweit gemacht, die Ana­lyse, trai­niert, die Mann­schaft vor­be­reitet, alles, alles“, sagt Topa­lidis. Nicht mal einen Tor­wart­trainer brauchten sie. Weil Reh­hagel nichts mehr fürch­tete als die grie­chi­sche Geschwät­zig­keit, verbat er sich jeden wei­teren Mit­ar­beiter – je mehr Leute, desto mehr Theater, gerade in Grie­chen­land. Topa­lidis, in Stutt­gart auf­ge­wachsen, ist in seinen Grund­ei­gen­schaften – Fleiß, Zuver­läs­sig­keit, Dis­kre­tion – mehr Schwabe als Hel­lene und damit der per­fekte Mann. Der Loya­lität seines Giannis konnte sich Otto sicher sein. Ich war ein Fan von ihm“, sagt Topa­lidis frei­mütig. Er war für mich eine Top­figur im Fuß­ball.“ Dass Reh­hagel ihn, den Ober­li­ga­trainer aus Geis­lingen, Ende 2001 für die Mis­sion Hellas aus­wählte, schmei­chelte Topa­lidis.

Als Grieche und Außen­seiter war er die per­fekte Wahl. Die alten Seil­schaften zwi­schen Ver­band, Spie­ler­be­ra­tern und Klubs haben plötz­lich keinen Wert mehr. Die Zwei errich­teten einen Staat im Staate, dessen Mauern unüber­windbar waren. Mach das, was du selbst für richtig hältst. Nicht das, was andere wollen“, sagt Reh­hagel schlicht – und stellte seinen Kader so zusammen, wie er es wollte.

Topa­lidis, in Stutt­gart groß geworden und in Grie­chen­land auf die höhere Schule gegangen, war der ideale Mittler zwi­schen den Kul­turen. Er über­setzte nicht, er inter­pre­tierte und über­trug Reh­ha­gels Anwei­sungen in Topa­lidis-Grie­chisch. Wenn das Kind der Bun­des­liga“ wieder einmal eine Ansprache im sper­rigen Herr­berger-Sprech mit Meine Herren“ ein­lei­tete, sagte Topa­lidis ein­fach paidia“, Kinder. So sagt man das eben in Grie­chen­land. Sonst hätten mich die Spieler ja aus­ge­lacht“, sagt Topa­lidis. Man muss den Kern treffen. Ich war nicht der Über­setzer, son­dern habe als Fuß­ball­trainer gespro­chen.“

Auch umge­kehrt geht jeder Dialog durch den Topa­lidis-Filter. Dumme Fragen“ auf Pres­se­kon­fe­renzen ent­schärfte er schon mal, damit es kein Theater gab“. Er habe alles ein­fach ein biss­chen besser for­mu­liert“, sagt Topa­lidis. Und wenn ein grie­chi­scher Medi­en­mann wieder einmal zu einer wort­rei­chen Ein­lei­tung einer banalen Frage anhob, schüt­telte Topa­lidis nur milde lächelnd den Kopf. So sind die Grie­chen halt“, sagt der Grieche Topa­lidis und klingt dabei sehr deutsch.

Vieles musste er ohnehin nicht über­setzen: Reh­hagel sprach Kör­per­sprache, sein Ges­ten­reichtum passte per­fekt zum grie­chi­schen Expres­sio­nismus. Der Deut­sche hatte auch ein untrüg­li­ches Gespür für die Befind­lich­keiten seiner beruf­li­chen Heimat. Selbst wenn ihr ver­letzt zu Hause seid, sollt ihr mit Trikot vor dem Fern­seher sitzen“, appel­lierte er an den Natio­nal­stolz. Bei einem Trai­ning hob er ver­meint­lich spontan zur grie­chi­schen Hymne an. Vorher hatte sie ihm Topa­lidis hinter ver­schlos­sener Tür geduldig bei­gebracht. Reh­hagel fliegen die Herzen zu: Man sah die Bewun­de­rung der Spieler, wenn er seine Erfah­rung mit ihnen teilte“, schwärmt Topa­lidis. Die Bewun­de­rung seines Co-Trai­ners ist dem deut­schen Trainer-Dino ohnehin sicher: Wir sind fast wie Ver­wandte. Bei mir kommt die Familie an aller­erster Stelle, und dann kommt schon Otto Reh­hagel.“

Als sich der grie­chi­sche Tross Anfang Juni im EM-Quar­tier im abge­schie­denen Vila do Conde zusam­men­fand, war die Stim­mung im Team prächtig. Mit der direkten Qua­li­fi­ka­tion für die EM noch vor Spa­nien und der Ukraine hatten die Grie­chen die erste Sen­sa­tion schon geschafft. In Por­tugal errich­tete Reh­hagel umge­hend die Wagen­burg: Jour­na­listen und Spie­ler­be­rater bekamen Haus­verbot. Otto hat die Mann­schaft total abge­schottet, und den Spie­lern hat das gefallen“, sagt Topa­lidis.

Dann begann das Aben­teuer Europa. Zum Eröff­nungs­spiel gegen Gast­geber und Tur­nier­fa­vorit Por­tugal ver­ord­neten Reh­hagel und Topa­lidis ihrem Team statt dem erwar­teten Beton­mi­scher die Angriffs­lust. Reh­hagel ist als Trainer ein Fuchs. Er hat sich immer etwas aus­ge­dacht, wie er den Gegner aus­tricksen kann“, sagt Topa­lidis. Er hatte immer eine Lösung.“ Die Por­tu­giesen sind ver­wirrt. Es läuft die sechste Minute. Abwehr­mann Paulo Fer­reira hat den Ball auf der rechten Seite am Fuß, er schaut, wird nun einen sicheren Quer­pass spielen. Doch statt­dessen stam­melt er den Ball ins Raunen des Publi­kums, in das blitz­schnell Gior­gios Kara­gounis stößt, ein paar Schritte läuft und dann scharf und flach und plat­ziert abzieht. Grie­chen­land tanzt. Die haben gar nicht damit gerechnet, dass sie gegen uns zurück­liegen könnten“, sagt Ioannis Topa­lidis. Por­tugal ist nun noch kon­fuser. Und Grie­chen­land kon­tert. Sechs Minuten nach der Pause erkämpft sich Außen­ver­tei­diger Geor­gios Seit­a­ridis den Ball und sprintet los. Cris­tiano Ronaldo will das Heim­debüt retten, er flitzt von hinten heran – und rennt den Grie­chen im Sech­zehner über den Haufen. Elf­meter. Angelos Basinas läuft an wie ein por­tu­gie­si­scher Welt­star und chippt den Ball zum 2:0 ins rechte obere Eck. Der Gast­geber und Mit­fa­vorit ist geschlagen – vom 100:1‑Außenseiter auf den Titel. Wir haben gemerkt: Hoppla, wir können hier wirk­lich wei­ter­kommen“, sagt Topa­lidis.

Vier Tage später geht es gegen Spa­nien, den alten Bekannten aus der Qua­li­fi­ka­tion. Die über 20.000 Spa­nier im Estádio do Bessa von Porto über­tönen die 4.000 ange­reisten Grie­chen über 90 Minuten. Doch Grie­chen­land spielt jetzt grie­chisch. Kapsis passt nach­lässig zurück, schon hat Raúl den Ball, auf Fer­nando Mori­entes, der zwei schlaffe Grie­chen mit einer Kör­per­täu­schung ste­hen­lässt und zum 1:0 ein­schießt. Das Wunder scheint schon vorbei zu sein. Doch je länger das Spiel dauert, desto mehr besinnen sich auch die Spa­nier auf ihre süd­eu­ro­päi­sche Seite. Nach 65 Minuten schließ­lich macht Hel­guera bei einer weiten Flanke Siesta, Angelos Cha­ris­teas stoppt den Ball mut­ter­see­len­al­leine am Fünfer und schiebt durch die Beine von Cas­illas zum 1:1‑Endstand ein. Grie­chen­land führt mit vier Punkten weiter die Tabelle an. In dem Spiel hatten wir meiner Mei­nung nach das meiste Glück“, sagt Topa­lidis.

In den Wochen in Por­tugal wurde das Zwei­mann-Modell zum bru­talen Arbeits­lager. Nachdem die Spieler sich schon auf die Zimmer ver­zogen hatten, brü­teten Reh­hagel und Topa­lidis im Kon­fe­renz­raum des Hotels noch über Taktik und Spiel­szenen, oft bis spät in die Nacht. Es war ein enormer Arbeits­druck. Wir hatten keine Ruhe“, erin­nert sich Topa­lidis. Zwi­schen Vier­tel­fi­nale und Halb­fi­nale bekam er Fieber, schluckte Anti­bio­tikum. Reh­hagel ließ sich trotz Ren­ten­al­ters kei­nerlei Schwäche anmerken. Er hat eine unheim­liche Power, das ist ein­malig“, sagt Topa­lidis. Stun­den­lang flim­mern die Aktionen der Gegner über den Hotel­fern­seher. Dann springt Otto plötz­lich auf, zurück das Band, hier, siehst du, pass auf, das machen wir so. Und Topa­lidis nickt und notiert.

Reh­ha­gels Trai­nings­plan indes kannte nur zwei Varia­tionen: Gele­gent­li­ches Kon­di­ti­ons­trai­ning und freies Spiel. Was macht ein Tänzer? Er tanzt. Und Fuß­ball spielen lernst du, indem du Fuß­ball spielst“, sagt Otto. So holen sich die Grie­chen die Wett­kampf­härte.

Als nächstes zu über­stehen war die dritte Vor­run­den­partie gegen die bereits aus­ge­schie­denen Russen. Trotz aller Mah­nungen: Die Kon­zen­tra­tion war weg – und Aggres­siv­leader Kara­gounis nach zwei Gelben Karten in zwei Spielen gesperrt. Topa­lidis: Bevor wir auf­ge­wacht sind, stand es schon 2:0.“ Kurz vor der Pause schüt­teln die Grie­chen den Schlen­drian ab. Cha­ris­teas bringt den Ball hoch, viel zu hoch, herein in den Sech­zehner, Kopf­ball-Ablage, Zisis Vryzas, das Schlitzohr, schirmt den Ball gut ab, dreht sich – und trifft zum über­le­bens­wich­tigen Anschluss­treffer. Dank der mehr geschos­senen Tore (4:4) gegen­über Spa­nien (2:2) steht Grie­chen­land im Vier­tel­fi­nale. Typi­scher Otto-Dusel? Glück hat er nicht mehr oder weniger als andere Trainer“, glaubt Ioannis Topa­lidis. Ohne Glück kannst du sowieso nicht Euro­pa­meister werden.“

In der ersten K.o.-Runde wartet der Euro­pa­meister. Thuram, Henry, Zidane. 21 Spiele ohne Nie­der­lage. Doch Reh­ha­gels Selbst­ver­trauen ist uner­schüt­ter­lich. Auf­rechten Gangs stol­ziert er über den Trai­nings­platz. Ihr müsst keine Angst haben, die sind nicht stärker als wir, die haben auch alle nur zwei Beine“, ruft er seinen Spie­lern zu. Die sind so lange unge­schlagen, die sind jetzt fällig.“

Die Taktik diesmal: Mann­de­ckung. Frank­reichs Super­star Zidane wird von Theo­doros Zagorakis an die kurze Leine gelegt. Schlüs­sel­spieler musst du decken“, heißt Ottos Devise. Was in den Acht­zi­gern richtig gewesen ist, kann 2004 nicht falsch sein. Wäh­rend Zidane noch seinen läs­tigen Schatten zu ver­treiben sucht, hat Grie­chen­land schon die erste dicke Tor­chance durch einen Schuss von Katsou­ranis, den Bar­thez in höchster Not gegen den Pfosten lenken kann.

Als vom frus­trierten Zidane nichts kommt, geht Zagorakis selbst in die Offen­sive. 64 Minuten sind gespielt, als er mit einem feinen Lupfer an der Außen­linie Bixente Liza­razu stehen lässt wie einen Anfänger. Sehr schön, Zagorakis“, lobt der grie­chi­sche Reporter mit erwar­tungs­voller Stimme. Zagorakis kon­trol­liert den Ball an der rechten Straf­raum­grenze, schaut hoch, sieht Cha­ris­teas genau am Fünfer stehen, ziem­lich allein für einen Stürmer. Die Flanke findet seinen Kopf, der Ball den Tor­winkel. Den Rest hat Topa­lidis schnell erzählt: Wenn wir in Füh­rung gingen, waren wir unheim­lich schwer zu schlagen.“ Nach dem Schluss­pfiff fällt Topa­lidis dem wie irre auf und ab hüp­fenden Reh­hagel in die Arme. Grie­chen­land tanzt weiter. Mit dem Frank­reich-Spiel ging die Party richtig los“, sagt Ioannis Topa­lidis. Nach dem Sieg hast du das Finale im Kopf gehabt.“ Auch die grie­chi­schen Fans wit­terten nun die Sen­sa­tion und kamen in Scharen hin­über nach Por­tugal.

Reh­hagel hielt der­weil die Span­nung hoch. Dis­zi­plin blieb oberstes Gebot. Zu Hause in der Familie macht ihr ja auch nicht, was ihr wollt“, sagte der gestrenge Coach. Längst war er der Patri­arch der grie­chi­schen Groß­fa­milie geworden. Meine Herren“, hob Reh­hagel auch vor dem Halb­fi­nale gegen Tsche­chien an. Paidia“, über­setzte Topa­lidis geduldig. Und die Kinder lauschten gebannt, wie sie ihr Vater­land noch stolzer machen könnten, mit der nächsten Sen­sa­tion gegen die starken Tsche­chen.

Erneut galt es, einen Schlüs­sel­spieler aus­zu­schalten. Jan Koller, 202 Zen­ti­meter Schat­ten­wurf. Reh­hagel und Topa­lidis über­legten stun­den­lang hin und her, dann ent­schied sich der Chef­coach für den 20 Zen­ti­meter klei­neren Mihalis Kapsis statt Koloss Dellas als Mann­de­cker für den Riesen. Nur bei Stan­dards sollte Libero Dellas über­nehmen.

Doch da ist nicht nur Koller. Seine Offensiv-Kol­legen hören auf die Namen Baros, Nedved, Poborsky und Rosicky. Und schon nach drei Minuten zeigen sie, was sie so alles drauf haben. Koller legt per Kopf ab auf Rosicky, der den Ball volley gegen die Latte häm­mert. Mit ihr erzit­tert ganz Grie­chen­land. Tsche­chien will nun das schnelle Tor erzwingen, Jan­ku­l­ovski hat es zwei Mal auf dem Fuß – allein, es fällt nicht. Nach 40 Minuten hum­pelt mit dem wei­nenden Spiel­ma­cher Pavel Nedved auch Tsche­chiens Glück vom Rasen. Kurz vor Ende der regu­lären Spiel­zeit ver­geben Baros und Koller rie­sige Mög­lich­keiten. Es kommt die Ver­län­ge­rung, die Grie­chen­land domi­niert. Und es kommt die Ecke von rechts in der 105. Minute, die der ein­ge­wech­selte Tsi­artas auf den kurzen Pfosten schlägt. Alles steigt hoch, doch der Mann aus Rhodos steigt am höchsten. Wir haben es! Finale! Die Grie­chen im Finale!“, schreit der grie­chi­sche Kom­men­tator. Die Kugel im Netz, Koller am Pfosten, Tsche­chien am Boden. Und Grie­chen­land stürzt wild über­ein­ander. Dann ist Schluss. Die Grie­chen im End­spiel.

Vor dem Finale kamen Topa­lidis die Zweifel. Eine zweite Sen­sa­tion gegen die spiel­starken Por­tu­giesen? Schwer zu glauben. Reh­hagel schüt­telte nur den Kopf, weißt du, alles ist mög­lich, Giannis. Du kannst alles errei­chen, du kannst sogar gegen Bra­si­lien bestehen. Du brauchst nur die rich­tige Stra­tegie und ein biss­chen Glück.“

Je länger dieses Finale im mäch­tigen Sta­dion des Lichts dauert, desto klarer wird: Viel Glück haben die Grie­chen heute gar nicht nötig. Weil Por­tugal wie schon in der Vor­runde weit­ge­hend ein­fallslos anrennt, gelähmt von Erwar­tung und Druck, diesen läs­tigen Fuß­ball­zwerg zu schlagen und den Titel im eigenen Land zu gewinnen.

Es ist dann wieder eine Ecke. Die grie­chi­sche Kurve summt und surrt schon in Erwar­tung der Her­ein­gabe von Angelos Basinas. Zehn­tau­send Hände zit­ternd, nervös nach vorne gereckt. Da kommt der Ball, Cha­ris­teas steht am Fünf­me­ter­raum reglos in der Luft, zuckt nur einmal kurz mit dem Hals nach vorne – und Grie­chen­land ist Europameister.„„O Angelos!“, ruft der grie­chi­sche TV-Kom­men­tator. O Angelos! Der Engel Grie­chen­lands!“

Als die letzten por­tu­gie­si­schen Angriffe ver­pufft sind, weint oben auf der Tri­büne Ver­bands­prä­si­dent Gagatsis. Kapitän Zagorakis reckt den Sil­ber­pokal in den Lis­sa­boner Nacht­himmel. Pre­mier­mi­nister Kara­manlis gra­tu­liert der Mann­schaft in der Kabine. Die Feier ver­la­gerte sich vom Sta­dion in den Bus und ins Hotel. Ioannis Topa­lidis zog sich irgend­wann auf sein Zimmer zurück, wäh­rend die Mann­schaft wei­ter­fei­erte. Er spürte große Erschöp­fung. Die Anspan­nung war so groß“, sagt er. Wir waren nach den Spielen immer genau so fertig wie die Spieler.“

Am nächsten Tag geht es nach Athen. Vom Flug­hafen ins Olym­pia­sta­dion von 1896, wo der Emp­fang statt­fand, braucht der Mann­schaftsbus trotz Polizei-Eskorte vier Stunden. Die Men­schen, drei Mil­lionen, sitzen auf Laternen, sie häm­mern an die Scheiben, singen immer wieder, dass sie nun end­lich den Pokal sehen wollen. Ich kann nicht länger warten“, singen sie. Schließ­lich haben sie schon ein Leben lang gewartet.

Erst am späten Abend kommt Ioannis Topa­lidis zur Ruhe, als er nach den vier irr­wit­zigen Wochen von Por­tugal end­lich wieder in seinem Bett in Athen liegt.

Heute bewertet er seine Rolle bescheiden: Die Mann­schaft hat sehr viel geleistet, auch ich habe etwas dazu bei­getragen“, sagt er. Aber Otto war der Regis­seur der Geschichte.“

Unterm Strich aber wird auch Topa­lidis noch nicht schlau aus diesem Titel. All die Jahre sind immer Mann­schaften Welt- und Euro­pa­meister geworden, die eine Geschichte hatten. Aber wir kamen aus dem Nichts. Von null auf tau­send.“ Dann schüt­telt er den Kopf sagt leise das Wort, das es besser trifft als jedes andere: Unglaub­lich.“

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